Heimatliebe und Kreativbegeisterung: Das ANDERSWELTEN-Universum

In unserer Serie „Gute Idee – Regionale Projekte und Konzepte im Fokus“ stellen wir Ideen vor, die dazu beitragen, unsere Region attraktiver zu machen
TEIL 5: DIE ANDERSWELTEN VON JENNIFER SAUER UND ALEXANDER WOLFF IN STIPSHAUSEN

Die Natur, der Wald, die Edelsteine: Wenn Jennifer Sauer über ihre Heimat spricht, schwingt echte Begeisterung mit. Die 47-Jährige wuchs in Stipshausen auf. Das Hunsrückdorf ist auch heute ihr Zuhause. Hier im Grünen lebt sie mit ihrem Mann und den zwei Söhnen. In ihren hellen Atelier-Räumen mit Blick ins Grüne entstehen unter dem Label ANDERSWELTEN Schmuckkreationen aus Edelmetall und Edelsteinen – inspiriert vom Hunsrücker Wald und mythischen Geschichten des Nordens. „Die Natur um mich herum begeistert mich Tag für Tag aufs Neue“, erzählt die freischaffende Künstlerin. „Der Hunsrücker Wald mit seinen Pilzen, Käfern, Flechten und Bäumen, den vielen Farben, Formen und Strukturen ist eine unerschöpfliche Quelle für meine Designs.“

 

Pilzringe und Fliegenpilzketten
Darunter sind schlichte Silberringe mit Edelsteinen, deren Form an einen Pilzkopf erinnert während in die Metallfassung feine Lamellen eingefräst sind. Es gibt Silberringe, deren Struktur Baumrinde, Flussläufen, Felsformationen oder Landschaften nachempfunden ist, und Ketten, deren Anhänger Assoziationen zu Fliegenpilzen wecken. Dabei gelingt es der Künstlerin stets, keine reinen Abbilder zu schaffen, sondern die Formen aus der Natur für ganz eigene Ideen zu nutzen.

 

Zwei Leidenschaften verbunden
Das kommt nicht von ungefähr, denn bereits als Kind hat Sauer Ausflüge in den Wald geliebt und die der Natur eigenen Formen und Strukturen studiert. Zugleich kam sie durch ihre Mutter, eine Goldschmiedin, früh mit dem Schmuckmachen in Kontakt. Nach dem Abitur war daher klar: Beruflich möchte sie die beiden Leidenschaften verbinden. An die Goldschmiedeausbildung im renommierten Atelier Munsteiner in Stipshausen, schloss sie ein Edelstein- und Schmuckdesign-Studium an der Fachhochschule in Idar-Oberstein an. Parallel besuchte Sauer die benachbarte Fachschule. Auf Diplom und Meistertitel folgte 2002 die Gründung ihres ANDERSWELTEN-Ateliers, in dem Schmuckdesign und Naturbegeisterung seitdem täglich aufs Neue eine Verbindung eingehen und jedes Stück eine eigene Geschichte erzählt.

 

Begeisterung für Märchen und Mythen
Geschichten nämlich sind eine weitere Passion der Künstlerin. Sauer beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit Märchen und Mythen und liebt unter anderen Geschichten von Tolkien („Herr der Ringe“). So landete sie bei der Nordischen Mythologie und las sich intensiv ein in diese Welt, die tief verwoben ist mit dem Wald und der Natur.

2014 bis 2016 absolvierte die Künstlerin parallel zu ihrer Arbeit ein Masterstudium im Fachbereich Mode. Ausgehend vom Inhalt der mythischen Erzählungen schuf sie in der Folge 14 Outfits für wiederkehrende mythologische Charaktere. Kriegsgott Odin etwa erhielt eines aus Wildleder und Strick, das an ein Kettenhemd erinnert. Das darin enthaltende Muster wiederum transferierte die Künstlerin mit Hilfe einer speziellen Gips-Hohlform-Technik in Metall. Der so entstandene Schmuck komplettiert das Outfit Odins.

 

Umfangreiche Werkschau in Planung
Derzeit plant Jennifer Sauer eine umfangreiche Werkschau, in der unter vielem anderen auch die Entstehung ihrer Charakter-Outfits nachempfunden werden kann. Ergänzt werden die Kleidungs- und Schmuckstücke durch Skizzen und exklusive Fotos, in denen der jeweilige Charakter in passender Umgebung inszeniert wird. Models sind überwiegend Freunde und Bekannte, also Menschen aus der Region. „Die Kontaktbeschränkungen ließen uns keine Wahl: Um das Projekt voranzutreiben, mussten wir auf den Bekanntenkreis zurückgreifen – und sind jetzt vollkommen begeistert von den tollen Ergebnissen. So wird meine Werkschau zugleich zu einem Bekenntnis zur Heimat“, freut sich die Künstlerin.

 

ANDERSWELTEN: Ein Label, drei Kreativbereiche
Hinter der Kamera stand ihr Mann Alexander Wolff, Marketing-Fachmann und leidenschaftlicher Hobbyfotograf. Das Paar lernte sich vor 27 Jahren auf einem Konzert im Soonwald kennen, zog 2001 in Stipshausen zusammen und ist seit 2017 auch beruflich eng verbunden: Wolff, der 16 Jahre lang als Marketingleiter für ein regionales Maschinenbauunternehmen durch die Welt reiste, machte sich selbstständig und wurde Bestandteil des ANDERSWELTEN-Universums. Neben dem ANDERSWELTENschmuck entstanden der ANDERSWELTENraum sowie ANDERSWELTENbild.

Während die erste Säule des Labels nach wie vor Jennifer Sauers Kreationen umfasst, verkauft das Paar im Conceptstore ANDERSWELTENraum auch Arbeiten von Kollegen aus vielen Bereichen des Kunsthandwerks. Unter dem Namen ANDERSWELTENbild offeriert Alexander Wolff Marketing-Dienstleistungen für mittelständische Betriebe aus der Region und gibt zudem das Magazin „Perlen des Hunsrücks“ heraus, das lokale Firmen in den Fokus rückt. „Damit biete ich für unsere Region wertvollen Unternehmen eine Plattform, auf der sie ihr Know-how präsentieren können“, sagt Wolff. Zugleich soll Perle für Perle ein Netzwerk entstehen, das den Grundstein für eine Hunsrück-Plattform legt, die weiterwachsen und sich entwickeln kann.

 

Vom Mittsommernachtsfest bis zum Atelier-Jubiläum: Viele Events geplant
20 Jahre ist es in diesem Jahr her, dass Jennifer Sauer sich mit der Gründung von ANDERSWELTEN zu ihrer Heimat bekannte und den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. Die Marke hat sich weiterentwickelt und ist zu einem Familienunternehmen geworden. Jennifer Sauer hat ihre Entscheidung keinen Tag bereut – auch wenn die Pandemie sie und ihren Mann stark ausgebremst hat und die beiden letzten Jahre wirtschaftlich nicht leicht waren. „Kunst lebt von einem lebendigen Austausch, dem Netzwerken und dem Kontakt zu Kunden, das war nicht möglich“, bedauert Sauer.

Doch sie blickt optimistisch in die Zukunft und plant in ihrem Jubiläumsjahr lieb gewonnene Feste und Events wieder aufleben zu lassen. Im Rahmen der Europäischen Tage des Kunsthandwerks am 2. und 3. April sowie den beliebten Offenen Werkstätten am 9. und 10. April wird Jennifer Sauer ihr Atelier öffnen und Besucher können ihr bei der Arbeit in Stipshausen über die Schulter schauen. Am 25. Juni dann möchte das Paar eine alte Tradition wiederaufnehmen – und mit vielen Gästen im Atelier das jährliche Mittsommernachtsfest feiern. Zugleich steht die Wiedereröffnung des neu konzipierten ANDERSWELTENraum an, der bis dahin geschlossen bleibt. Das Paar arbeitet derzeit an einem Neukonzept für den Conceptstore, der pandemiebedingt einen starken Kundenrückgang zu beklagen hat. Im September schließlich soll bei einem großen Fest und einer umfangreichen Werkschau das 20-jährige Atelier-Jubiläum gefeiert werden.

 

Optimistischer Blick in die Zukunft
Jennifer Sauer ist optimistisch, dass die Pläne gelingen: „Mir fehlt der Austausch mit anderen Künstlern, aber ich hoffe sehr, dass wir nun nach und nach wieder in den alten Alltag zurückfinden.“ Daher plant die Künstlerin zusätzlich den Besuch zahlreicher Messen und Märkte.

Auch Alexander Wolff blickt positiv in die Zukunft: „Die Pandemie hat auch Gutes gebracht und den Blick der Menschen auf die unmittelbare Umgebung gelenkt. Vielen ist dabei erst klar geworden, wie schön es hier ist und wie wichtig, dass regionale Unternehmen unterstützt werden. Darauf können wir nun aufbauen.“