Erneuerbare Energiequellen und was dahinter steckt

Teil 1: Biomasse

Sie sind nachhaltig und ein elementarer Bestandteil der Energiewende: Erneuerbare Energiequellen. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff? Wann gilt eine Energiequelle als erneuerbar und wo nutzt die OIE diese Form der grünen Energiegewinnung bereits? In einer vierteiligen Serie widmen wir uns diesem Thema, beleuchten die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Varianten regenerativer Energiegewinnung und zeigen, wie die Verfahren funktionieren. Unser Protagonist im ersten Teil: die Biomasse

 

Von Sägespänen bis hin zu Gasen – das versteht man unter Biomasse

Unter dem Begriff Biomasse kann man sich vieles vorstellen. Und tatsächlich umfasst er ein sehr breites Spektrum an Dingen: Nämlich sämtliches organische Material, aus dem sich Energie gewinnen lässt. Biologisch gesehen könnte man den Begriff sogar noch weiter fassen. Dann würde er alle Zellen organischen Lebens umfassen – also auch uns Menschen, Tiere und selbst Wasser. Doch bleiben wir beim Thema Energiegewinnung. Spricht man von der Biomasse als regenerative Energiequelle, sind nicht nur feste Stoffe wie Pflanzen oder Holz in jeglicher Form, von Altholz bis hin zu Sägespänen,  gemeint. Selbst Biogas, das bei der Gärung von tierischen Exkrementen wie Gülle (auch diese gehört als Feststoff natürlich zum Oberbegriff der Biomasse) entsteht, gehört dazu. Biomasse kann entweder als Abfallprodukt anderer Produktionen wie der Holzwirtschaft oder Nahrungsmittelherstellung anfallen oder explizit für die Energiegewinnung angebaut werden.

So funktioniert ein Biomasseheizwerk

Kurz gesagt funktioniert ein Biomasseheizwerk ganz ähnlich wie ein Ofen, der das heimische Wohnzimmer beheizt. Natürlich in deutlich größer und etwas komplexer. Und statt Luft wird bei einem Biomasseheizwerk Wasser erwärmt, welches anschließend in ein Nah- oder Fernwärme-Netz gespeist wird.

Welche Leistung und welche Vorteile ein solches Heizwerk hat, kann man beispielsweise am Biomasseheizwerk in Baumholder sehen, das die OIE im Dezember 2019 in Betrieb genommen hat. Gerade mal neun Monate nach dem ersten Spatenstich wurde dort im Dezember „angefeuert“. Diesen Vorgang kann man sich ebenfalls in etwa wie beim heimischen Ofen vorstellen.

Die in Baumholder verwendete Biomasse ist Altholz. Im Sinne der Nachhaltigkeit und der kurzen Wege natürlich ganz regional. Das Altholz stammt aus einem Umkreis von maximal 50 Kilometern, wird angeliefert, auf dem Gelände gelagert und anschließend in der Brennkammer (der sogenannten Heizkammer) verbrannt. Die dabei entstehende Wärme wird mit einem extrem hohen Wirkungsgrad in das Nahwärmenetz eingespeist und versorgt so umliegende Gebäude – in diesem Falle die Einrichtungen der amerikanischen Streitkräfte – mit Wärme.

Allein zwischen Dezember 2019 und Mitte September 2020 wurden so rund 30.000 Megawattstunden Wärme erzeugt. Der Nutzen für die Umwelt ist enorm: Etwa 15.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid sollen durch den Betrieb der neuen Anlage jährlich eingespart werden. Das entspricht ungefähr einer CO₂-Emission von 2.300 Einfamilienhäusern. Insgesamt hat die Anlage einen jährlichen Wärmeabsatz von rund 70 Megawattstunden.

 

Die Vor- und Nachteile von Biomasse

Diese Zahlen sind beeindruckend und natürlich denkt man bei erneuerbaren Energiequellen sofort an die Vorteile und positiven Aspekte. Doch je nach verwendeter Biomasse hat diese Form der Energiegewinnung auch Schattenseiten. Denn nicht alle Anlagen nutzen Abfallprodukte wie beispielsweise Getreidereste, Gülle, Sägespäne, Hackschnitzel oder – wie im Falle des Biomasseheizwerks Baumholder – Altholz. Manche Anlagen werden in Teilen oder gar zu 100 Prozent mit sogenannten Energiepflanzen betrieben. Das sind Pflanzen, die ausschließlich zum Befeuern der Biomassekraftwerke angebaut werden. Ganz vorne dabei: Mais, Weizen und Raps. Alleine in den USA entfällt rund ein Fünftel der gesamten Ackerfläche auf den Anbau von Energiepflanzen. Der Anbau steht also in unmittelbarer Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und in Südamerika werden große Flächen des Regenwaldes abgeholzt, um Anbauflächen für Energiepflanzen zu schaffen. Die Klimabilanz der hiermit betriebenen Anlagen fällt daher deutlich negativer aus.

Doch zurück zu den Vorteilen: Neben der energetischen Verwertung unterschiedlichster Abfallprodukte ist ein Biomassekraftwerk unabhängig von der Witterung. Im Gegensatz zu Solar- oder Windenergie unterliegt ein Biomassekraftwerk also keinen meteorologischen Schwankungen und kann ganz konstant und bedarfsgerecht Energie erzeugen. Zudem reduziert der Einsatz von Biomasse natürlich die Energiegewinnung auf Basis fossiler Energieträger. Ein weiterer Vorteil: Mit Biomasse lässt sich nicht nur Wärme, sondern auch Strom erzeugen.

Biomassekraftwerk, Bioheizwerk und Biomasseheizkrafterk – Wo ist der Unterschied?

Werden die bei der Verbrennung der Biomasse entstehenden Dämpfe und Gase kanalisiert, lässt sich durch den Druck eine Turbine antreiben, die der Stromerzeugung dient. Bei Einrichtungen, die ausschließlich der Stromerzeugung mittels Biomasse dienen spricht man von Biomassekraftwerken. Der Nachteil: Ihr Wirkungsgrad ist mit 30 bis 40 Prozent relativ gering. Ein Großteil der restlichen Energie geht als Abwärme verloren. Diese lässt sich jedoch auch gezielt zur Wärmegewinnung nutzen. So kann der Wirkungsgrad eines Kraftwerks auf rund 90 Prozent gesteigert werden. Sobald Wärme und Strom erzeugt werden, handelt es sich um ein Biomasseheizkraftwerk. 

Im Falle von Baumholder wird ausschließlich Wärme – mit einem ebenfalls extrem hohen – Wirkungsgrad erzeugt. Es handelt sich daher um ein Biomasseheizwerk.

 

Nicht nur in Baumholder: Hier setzt die OIE auf Biomasse

Das Heizwerk in Baumholder ist nicht das einzige im OIE Netz. Direkt am Nürburgring beispielsweise ist bereits seit 2010 ein Biomasseheizwerk in Betrieb, das die umliegenden Gebäude – unter anderem die gesamte Erlebniswelt des Zentrums und das Eifeldorf „Grüne Hölle“ – mit Wärme und Warmwasser versorgt. Der jährliche Wärmeabsatz liegt hier bei rund sechs Gigawattstunden pro Jahr.

In Hoppstädten-Weiersbach betreibt die OIE ein Biomasseheizkraftwerk, das Strom ebenso wie Wärme aus regenerativen Brennstoffen erzeugt. 60 Gigawattstunden Strom und 20 Gigawattstunden Wärme werden hier jährlich produziert und über ein rund acht Kilometer langes Fernwärmenetz an umliegende Gebäude befördert. 

 

Zahlen und Fakten zur Biomasse

In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich viel getan bei der Energiegewinnung durch Biomasse. Lag die Bruttostromerzeugung durch Biomassekraftwerke im Jahr 2000 noch bei etwa 1,6 Terrawattsunden, wurde nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2019 fast 28-mal so viel Strom aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Ein Blick über die Grenzen Deutschlands verrät, welche Länder aktuell Spitzenreiter bei der installierten elektrischen Leistung der Biomassekraftwerke sind. Auf Platz 1 liegt China mit 22,5 Gigawatt, dahinter folgen die USA (16 GW), Indien (10,8 GW) und Deutschland (8,9 GW).

Weltweit liegt der Anteil des Stroms, der aus Biomasse erzeugt wird, übrigens bei rund zehn Prozent.