Erneuerbare Energiequellen und was dahinter steckt

Teil 2: Windkraft

Sie sind nachhaltig und ein elementarer Bestandteil der Energiewende: Erneuerbare Energiequellen. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff? Wann gilt eine Energiequelle als erneuerbar und wo nutzt die OIE diese Form der grünen Energiegewinnung bereits? In einer vierteiligen Serie widmen wir uns diesem Thema, beleuchten die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Varianten regenerativer Energiegewinnung und zeigen, wie die Verfahren funktionieren. Unser Protagonist im zweiten Teil der Serie: die Windkraft.

 

Was genau ist Windenergie und wie wird sie genutzt?

Mal ist von Windkraft die Rede, mal von Windenergie – gemeint ist jedoch stets dasselbe: die Nutzung von kinetischer Kraft, die durch die Bewegung von Luft entsteht. Durch Temperaturunterschiede geraten die Luftmassen in Bewegung. Sonneneinstrahlung und Hitze sorgen dafür, dass Luft sich ausdehnt. Andernorts kühlt sie sich beispielsweise durch Verdunstung oder durch das Fehlen von Sonneneinstrahlung bei bewölktem Himmel oder in der Nacht ab. Die Luftmassen setzen sich in Bewegung und es entsteht kinetische Energie, auch Bewegungsenergie genannt. Die ersten Anlagen zur Nutzung dieser Windenergie entstanden bereits vor etwa 1.500 Jahren. Es waren Windmühlen. Ihre Funktionsweise war ähnlich der eines Wasserrads an einer Mühle: Der Wind trieb die Flügel an, die wiederum mit einem mechanischen Malwerk verbunden waren, das Getreide zu Mehl verarbeitete. Heute wird Windkraft hingegen genutzt, um Strom zu erzeugen. In Deutschland wurden die erste kommerziellen Windkraftanlagen dieser Art im Jahr 1990 errichtet. Seitdem ist ihre Anzahl rasant angestiegen. Mittlerweile machen Windkraftanlagen laut einer Erhebung von Fraunhofer ISE aus dem Dezember 2019 ziemlich genau ein Viertel (24,5 Prozent) des Energiemix in Deutschland aus. Windkraft – eine Erfolgsgeschichte. 

Die Funktionsweise von Windkraftanlagen und Windrädern

Wie bei der Windkraft selbst gibt es auch bei den dazugehörigen Anlagen gleich mehrere Begriffe, die meist synonym verwendet werden. Während in der Fachliteratur von Windkraftanlagen gesprochen wird, heißen die meist weißen Gebilde mit den drei Rotorblättern im Volksmund schlicht Windräder. Doch wie genau funktioniert ein solches Windrad? Pardon, Windkraftanlage! Wie bei einer klassischen Windmühle treibt der Wind die Rotorblätter an. Diese beginnen sich zu drehen. Über eine Achse sind sie mit einem Generator im Inneren der Windkraftanlage verbunden. Ähnlich wie bei einem Fahrraddynamo oder auch der Lichtmaschine eines Autos erzeugt dieser mit jeder Umdrehung Strom. Physikalisch gesehen wird hier also kinetische in elektrische Energie umgewandelt. Je nach Standort und Bedingungen können Windkraftanlagen zwischen etwa 80 und knapp 200 Metern hoch sein. Die sogenannte Narbenhöhe – also die Stelle, an der die Rotorblätter zusammenlaufen und mit der Achse verbunden sind – beträgt bei kleineren Modellen etwa 80 und bei den größten Windrädern fast 165 Meter. Bei den großen Windkraftanlagen misst ein Rotorblatt dann nochmal gute 65 Meter in der Länge. Generell gilt: Je größer die Anlage und die Rotorblätter, desto mehr Strom kann erzeugt werden.

 

Diese Vor- und Nachteile hat Windkraft

Die Vorteile der Windkraft liegen auf der Hand: Sie steht endlos zur Verfügung und lässt sich – abgesehen vom Aufwand für den Bau der Windkraftanlagen – kostenlos nutzen. Zudem lässt sich die kinetische Energie der bewegten Luftmassen verhältnismäßig einfach in elektrische Energie umwandeln. Es handelt sich nicht nur um eine regenerative Energie, sondern um eine besonders saubere Form der Energiegewinnung. Hinzu kommt, dass der Strom regional und in unmittelbarer Nähe zu den Verbrauchern gewonnen werden kann und nicht über lange Distanzen und Ländergrenzen hinweg transportiert werden muss. Auch aus der ökologischen Perspektive haben Windkraftanlagen eine hervorragende Bilanz. Laut Angaben des Umweltbundesamtes haben sich Windenergieanlagen im Schnitt bereits nach etwa drei bis sieben Monaten energetisch amortisiert. 

Dem gegenüber stehen Kritikpunkte und Bedenken, die sich vor allem in drei Bereiche unterteilen lassen: Umweltschutz, Landschaftsschutz und Wirtschaftlichkeit. Wobei der letzte Punkt mittlerweile als komplett widerlegt gilt. Wurde der Windenergie in den Anfangszeiten – also insbesondere in den 90er-Jahren – noch vorgeworfen, nicht rentabel und nur mithilfe hoher Subventionen wirtschaftlich zu sein, hat sich die Kosteneffizienz bis heute erheblich verbessert. Windkraftanlagen sind eine wirtschaftliche Form der Energiegewinnung. Dennoch wird intensiv geforscht, um zukünftige Anlagen noch effizienter und wirtschaftlicher zu machen. Insbesondere die Aerodynamik der Rotorblätter sowie die Energieausbeute innerhalb des Trafos stehen dabei im Fokus. Ähnlich wie bei der Solarenergie, unterliegt auch die Windkraft natürlichen Schwankungen. Weht viel Wind, wird viel Strom erzeugt. Bei Windstille ist auch der Stromertrag gleich Null. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wird an unterschiedlichen, möglichst effizienten Arten zur Speicherung von Strom geforscht. 

Der Landschaftsschutz ist immer wieder Thema in lokalpolitischen Gremien und Teil der Argumentation von Windkraftgegnern. Wirklich objektiv lässt sich hier kaum argumentieren – schließlich liegt Schönheit stets im Auge des Betrachters. Mit ihrer zuvor angesprochenen Höhe lassen sich Windkraftanlagen natürlich schlecht „verstecken“ und prägen, insbesondere wenn sie gehäuft in sogenannten Windparks errichtet werden, das Landschaftsbild. Atom-, Kohle- oder Wasserkraftwerke sind allerdings auch von weithin sichtbar und damit ein Eingriff ins Landschaftsbild.

In punkto Umweltschutz wurde insbesondere die Auswirkung von Windkraftanlagen auf die Flugrouten von Vögeln und Fledermäusen kritisiert. Zudem gab es Berichte über verletzte und tote Vögel durch Unfälle mit den Rotorblättern. Studien des Naturschutzbundes (NABU) zeigen jedoch, dass die Beeinflussung von Flugrouten sowie das Verletzungsrisiko für Vögel und Fledermäuse durch die optimale Standortwahl auf ein Minimum reduziert werden kann. Auch neuere, größere Windkraftanlagen haben keinen größeren Einfluss. „Die neuere Generation von Windkraftanlagen stören die meisten der untersuchten Brutvogelarten nicht unbedingt stärker als die alten Anlagen“, erklärt hierzu Dr. Hermann Hötker vom Michael-Otto-Institut, einer dem NABU angeschlossenen Forschungseinheit.

Windkraftanlagen gibt es nicht nur an Land – der Unterschied zwischen Offshore und Onshore

Zwar stehen die meisten Windkraftanlagen aufgrund der günstigen Windverhältnisse im Norden Deutschlands, doch wer offenen Auges die Gegend erkundet oder viel auf Autobahnen unterwegs ist, entdeckt die Anlagen natürlich auch im Süden des Landes. Stehen mehrere Windräder beisammen, spricht man von einem Windpark. Windräder, die auf dem Festland stehen, sind Onshore-Anlagen. Dementsprechend werden auch die Windparks „Onshore Windpark“ genannt. 

Doch auch im Meer, beispielsweise in der Nordsee, werden Windkraftanlagen errichtet, da dort häufiger stärkerer und konstanterer Wind weht. Anlagen, die im Meer stehen, sind Offshore-Anlagen. Sie liefern einen meist hohen Ertrag. Der Strom muss jedoch durch unterirdische Leitungen ans Festland transportiert werden, was für höhere Baukosten sorgt als bei ihren Onshore-Pendants.

Die wichtigsten Zahlen zum Thema Windkraft

Wie wichtig die Windkraft für unsere Stromversorgung ist, wurde bereits zuvor angesprochen. Knapp ein Viertel des deutschen Strommix wird durch Windkraft gewonnen. Innerhalb der erneuerbaren Energien nimmt die Windenergie sogar über 50 Prozent Anteil ein. In absoluten Zahlen: 126 Terrawawattstunden (TWh). Im Jahr 1995 waren es gerade einmal 1,5 TWh. Zum Vergleich: Die Kernenergie lieferte Ende 2019 rund 70,7 TWh Strom.

Die Zahl der Onshore-Windkraftanlagen in Deutschland stieg in den letzten zwei Jahrzehnten stetig an. Produzierten im Jahr 2000 noch 9359 Windräder Strom, waren es Ende 2019 bereits 29.456. Das Belegen die gemeinsamen Zahlen von Deutsche WindGuard, BWE, Fraunhofer ISE, Umweltbundesamt sowie der Agentur für Erneuerbare Energien. Doch wie viel Haushalte kann ein einzelnes Windrad eigentlich mit Strom versorgen? Das wiederum hängt von der Größe, dem Standort und damit einhergehend mit dem Ertrag der Anlage ab. Größer Windkraftanlagen leisten etwa sechs Megawatt und können damit circa 3.500 Haushalte im Jahr mit Strom beliefern. Kleinere Windkraftanlagen decken etwa 2.000 Haushalte ab.