Die Edelsteinmetropole Idar-Oberstein – von den Ursprüngen bis heute
In einer vierteiligen Serie tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Edelsteine. Wir erkunden, wie unsere Region sich zu einem der weltweit bedeutendsten Standorte für die Edelsteinindustrie entwickelt hat, welche Steine bei uns heimisch sind und wo sich heute noch Spuren der Steine finden lassen
TEIL 4: EDELSTEINE SELBER FINDEN: AUF DER JAGD NACH EDLEN STEINEN IN UNSERER REGION
Manchmal liegen sie einfach so am Wegesrand, und wer die Augen im richtigen Moment auf den Boden richtet, kann sich freuen. Vor allem rund um jene Orte, wo im 19. Jahrhundert bis Anfang des 20. Jahrhunderts Schleifen betrieben wurden, sind immer noch Splitter von Achaten und anderen Edelsteinen zu finden.
Ein Urlauberkind aus Stade etwa entdeckte auf einer Wanderung im Hahnenbachtal bei Bundenbach ein Stück Lapislazuli. Auch Michael Brzosda von „Wandern im Hunsrück“, der auf seinen Führungen immer wieder mit Kindern im Tal auf Schatzsuche geht, hat hier schon so manches schöne Stück entdeckt. „Rund um die alten Schleifen liegen im Gebüsch vor allem Achatsplitter. Aber auch andere Steine kann man finden. Die waren für die Achtschleifer nicht brauchbar und wurden damals einfach weggeworfen“, erzählt der Bundenbacher. Viele der dort zu findenden Bruchstücke, wie auch der erwähnte Lapislazuli, stammen allerdings nicht direkt aus der Region, sondern wurden damals bereits aus Brasilien importiert.
Edelsteinfunde in der Region
Doch auch Achate und andere Mineralien aus unserer Heimat lassen sich im Hahnenbachtal und an anderen Orten der Deutschen Edelsteinstraße finden. Vorwiegend sind neben Achaten, weitere Quarzvarietäten wie Bergkristalle, Amethyste, Jaspis und Rauchquarz verbreitet.
Da es allerdings keine für Sammler frei zugänglichen Aufschlüsse, etwa in Form von Steinbrüchen oder Minen, mehr gibt, gelingt ein Fund am ehesten im Herbst auf frisch gepflügten Feldern. In Baumholder, Göttschied, Rimsberg, Rückweiler und Leitzweiler zum Beispiel sind zahlreiche Funde belegt. Wo genau bereits Achate, Amathyste und andere Quarzvarietäten entdeckt wurden, können Interessierte beim Mineralienatlas einsehen. Interessant sind auch die Informationen zu den verschiedenen Edelsteinarten auf der Webseite der Mineralienfreunde der Pfalz.
Doch wer auf die Suche gehen möchte, sollte unbedingt darauf achten, keine bestellten Felder zu betreten und vorab die Erlaubnis der Landwirte einholen, denen die Flächen gehören. Darüber hinaus ist es für Ungeübte gar nicht so leicht, Edelsteine von anderen Steinen zu unterscheiden, denn die Edelsteinmandeln sehen geschlossen unscheinbar aus. Erfahrene Sammler raten dazu, auf sehr runde Formen zu achten. Oft wirken die Steine zudem leicht glasig. Doch sicher sein, ob sich glitzernde Kristalle oder Achate in dem Ei verbergen, kann man sich erst nach dem Aufschneiden.
Edelsteinsuche im Steinbruch Juchem
Eine weitere Möglichkeit, sich auf die Jagd nach hübschen Stücken zu begeben, ist der Besuch eines der wenigen noch für diesen Zweck geöffneten Steinbrüche. Die meisten der in der Vergangenheit zugänglichen Steinbrüche, in denen die alten Lavaströme als Baumaterial abgebaut werden und dabei, quasi als Ausschuss, Edelsteine ans Licht befördern, wurden inzwischen geschlossen beziehungsweise sind mit strikten Sammelverboten belegt. Etwa im Naturschutzgebiet rund um die Edelsteinmine Steinkaulenberg. Andere frühere Aufschlüsse wurden geflutet oder liegen zum Beispiel unerreichbar auf dem Truppenübungsgelände in Baumholder. Die Gründe für die Verbote sind vielfältig. Zum einen ist an vielen Orten die Suche nicht ganz ungefährlich. Doch nicht selten haben sich Sammler in der Vergangenheit auch sehr rücksichtslos gegenüber fremden Eigentum und der Natur verhalten.
Der einzige für Sammler noch ergiebige und zugängliche Ort in der Region, in der die Suche nach unentdeckten Schätzen legal ist, ist der Steinbruch Juchem in Niederwörresbach. Das Traditionsunternehmen fördert Basaltlava, Kuselit und Quarzit, die es in seinen Natursteinwerken zu Edelsplitten und Schotter für den Straßenbau verarbeitet.
In einem eigens dafür reservierten Bereich können Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahren dort unter Aufsicht und gegen die Zahlung eines Eintrittsgeldes nach Achaten, Amethysten und Bergkristallen Ausschau halten, die hier zahlreich vorkommen. Aufgrund der Pandemie ist allerdings auch der Steinbruch Juchem seit geraumer Zeit geschlossen, will aber bei einer Entspannung der Lage wieder öffnen. Wer dort einen Besuch plant, sollte sich also vorab informieren.
GUT ZU WISSEN: Leidenschaft Sammeln
Der Drang, etwas zu sammeln, liegt tief im Wesen des Menschen verborgen. Unsere Ahnen lebten als Jäger und Sammler und sicherten sich so ihr Überleben. Sie suchten Steine, die sie als Keile verwendeten, Feuersteine und Nahrung wie Beeren und Nüsse, die ihren Hunger stillte. Früh begannen sie auch hübsche Fundstücke aufzulesen und zu verarbeiten aus Bernsteinen, Muscheln oder Fossilien machten sie beispielsweise Schmuck. Im späten 18. Jahrhundert wurden die ersten Museen eröffnet, in denen offiziell gesammelte Gegenstände ausgestellt wurden. Viele Gelehrte und Wissenschaftler sammelten, viele fuhren dafür sogar um die ganze Welt. Goethe zum Beispiel war ein begeisterter Mineraliensammler und soll knapp 18.000 Steine besessen haben, als er starb. Wie stark das Sammeln mit unserer Evolution verknüpft ist, lässt sich schon an Kindern beobachten. Viele Familien können auf einen großen Fundus an Stöcken oder Steinen zurückgreifen, die ihre Kleinen auf Spaziergängen am Wegesrand aufgelesen haben. In unserer Region kann hier mit etwas Glück dann auch schon einmal ein hübscher Edelstein darunter sein.
Achathalde und Edelsteincamp
Eine weitere Möglichkeit für eine Schatzsuche ist die Achathalde der Firma Lemke in Bruchweiler. Die Firma fertigt Achatteile für technische Zwecke, zum Beispiel für Labore, und verkauft zudem Minerale und Edelsteine sowie selber hergestellte Achatbuchstützen und -lampen. Zugleich bietet sie Mineralieninteressierten die Möglichkeit auf der firmeneigenen Achathalde gegen Entgeld auf die Suche nach hübschen Kristallen und Achaten zu gehen. Alles, was gefällt und in das ausgewählte Gefäß passt, darf mit nach Hause genommen werden. Darüber hinaus bietet die Edelsteinmine Steinkaulenberg die Möglichkeit, im sogenannten Edelsteincamp auf der früheren Abraumhalde, den „Kaulen“, nach Mineralien zu suchen. Hacken, Pickel und Spaten können ausgeliehen werden.
Edelstein-Schatzsuche für Kinder
Vor allem Kinder bringen oft nicht die nötige Geduld auf, um längere Zeit in freier Natur nach Steinen zu suchen, zumal ein Funderfolg nicht immer gegeben ist. Daher bietet die Region ihnen an verschiedenen Orten die Möglichkeit, garantiert den ein oder anderen Stein zu finden. Die Mine Steinkaulenberg bestückt zum Beispiel jeden Tag ihre Schürffelder neu mit hübschen Mineralien aus aller Welt. Auch an der Historischen Weiherschleife und in der Edelstein-Erlebniswelt gibt es einen solchen Mineralienschürfplatz.
Die richtige Ausrüstung für die Suche
Wer allerdings im Gelände oder in einem Steinbruch unterwegs ist, sollte stets nur mit richtiger Ausrüstung losziehen. Feste Schuhe mit Profilsohle sind unbedingt erforderlich, um genügend Halt zu haben und sich nicht zu verletzten. Hilfreich ist eine Verstärkung im Vorderbereich, die den Fuß vor herabfallenden Steinen schützt. In Steinbrücken und Stollen muss zudem natürlich ein Helm getragen werden. Auch Schutzhandschuhe und eine Schutzbrille sind generell empfehlenswert und ein unbedingtes Muss, wenn zum Beispiel Drusen mit einem Hammer aufgeschlagen werden oder Steine mit Hacken oder Pickel gelockert werden.
GUT ZU WISSEN: Werkzeuge für Hobby-Geologen
Geologenhämmer sind aus einem Stück Stahl geschmiedet und speziell gehärtet, um materialbedingtes Splittern zu verhindern. Der Stiel besitzt einen Leder- oder Kunststoffüberzug. Die Hämmer sind in verschiedenen Varianten erhältlich – abgestimmt auf verschiedene Tätigkeiten – vom Zerschlagen größerer Steine bis zum leichten Abschlagen von kleineren Bestandteilen.
Fäustel besitzen eine quaderförmige, glatte Schlagfläche und werden zum Zerteilen großer Steine benutzt.
Meißel werden zur Bearbeitung von Steinen benutzt. Sie bestehen aus Stahl und sind in verschiedenen Varianten mit unterschiedlichen Köpfen (von flach bis spitzt) erhältlich. Mit Flachmeißeln zum Beispiel lassen sich Steinplatten auftrennen.
Klappspaten sind häufig sehr hilfreich, denn nicht selten muss der Boden aufgegraben oder Schutt entfernt werden.
Edelsteinfunde aus unserer Region
GUT ZU WISSEN: Ausgewählte Edelsteine und ihre Vorkommen
Achate sind aus Kieselsäure im Vulkanismus entstanden. In Deutschland gibt es rund um Idar-Oberstein große Vorkommen, heutzutage werden aber keine Steine mehr abgebaut. Achatabbau gibt es noch in Tschechien, Australien, Uruguay und Brasilien.
Bernstein: In Deutschland gibt es an der Ostseeküste und teilweise auch an der Nordsee vor allem gold-gelben Bernstein. In der Dominikanischen Republik gibt es zum Beispiel auch blauen Bernstein. Abgebaut wird er in Myanmar, Mexiko, Japan und Polen.
Diamant: Diamanten kommen überwiegend in Australien und Afrika vor. Aber auch in Russland, China und Nordamerika existieren Lagerstätten.
Jade: In Deutschland gibt es geringe Jadevorkommen im süddeutschen Raum. Häufig findet sich Jade in Kalifornien, Myanmar, Kanada und Japan.
Opal: Vor allem in Australien werden Opale abgebaut. Dort gibt es gibt es große Lagerstätten im artesischen Becken – ein ausgetrockneter Ozean, der Kieselsäure hinterlassen hat, die die Entstehung begünstigte.
Saphir: Früher wurden die sehr seltenen Steine vor allem in Indien und Sri Lanka abgebaut. Heute konzentriert sich die Förderung auf Australien, Madagaskar, Nigeria und die USA.